Die Rockertechnologie bestimmt auch die Ski-Saison 2011/ 2012. Insgesamt wird der Rocker-Ski bereits im kommenden Winter einen Anteil zwischen 50 und 70 Prozent am Gesamtvolumen im Handel einnehmen, so die Prognose.
Was verspricht die Rocker-Technologie?
Die Rocker-Konstruktion aus der Surfindustrie wird bei Snowboards und breiten Freeride-Ski bereits seit Jahren eingesetzt. Unter ihrer 'Rocker Scoop line' versteht man die von der Seite betrachtete Kurve des Boards, die die Nose- und Tail- Aufbiegung des Boards ergibt. Auf heutige Rocker Ski übertragen bedeutet das, dass Ski geringere oder gar keine Vorspannung mehr zeigen.
Ziel dieser Ski ist es, mit "verkürztem Kantenkontakt" die Schwungeinleitung zu erleichtern und den Ski drehfreudiger zu machen. Sie kommen besser aus weichem, tiefem, zerfahrenem Schnee und bieten dennoch Stabilität für Carving-Fans und solche, die gerne Gas geben. Denn je weiter der Fahrer aufkantet, desto besser führt der Ski und wird laufruhiger.
Beim Carver ist es oft schon die Schaufel, die in die Kurve 'beißt', beim Rocker greift der steigende Aufkantwinkel. Damit wird der Ski fehlerverzeihender, gutmütiger, spurstabiler und letztendlich auch kräftesparender. Ideal also für Einsteiger, Genießer, Anhänger der New School bis hin zur älteren Generation. Nachteile der neuen Technologie: Die Ski können weniger agil sein, bei mehr Speed die Laufruhe verlieren, flattern und vor allem auf harten Pisten und Eis wenig (Race-)Feeling vermitteln.
Die Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht und zeigt zur ispo 2011, dass Rocker nicht gleich Rocker sind. So werden in Zukunft neben Semi-Rocker für Allmountain- bis Pistenski und Full-Rockern für Freerider auch sportliche bis hochsportliche Rocker-Technologien auf die Pisten kommen, mit jeweils eigenem Rocker-Bau. "Viele Hersteller lassen sich zu diesem Thema für die kommende Saison etwas Spezielles einfallen und versuchen, sich vom Vorreiter K2 mit eigenen Bauweisen abzuheben," bestätigt etwa Marcus Grasmaier, Sortimentsleiter Hartwaren bei Sport Schuster in München, diese Entwicklung.
Wer baut wie? Die Neuheiten der Firmen:
Wie viele andere Hersteller auch, verfolgt etwa Elan mit seiner Amphibio-Technologie den Ansatz, die traditionelle Vorspannung (Camber) mit einem Rocker zu kombinieren. Im Gegensatz zum Wettbewerb kombinieren die Slowenen die beiden Konstruktionsarten. Allerdings in der Längs- und nicht wie bisher üblich in der Querrichtung des Skis. Das Ergebnis des neuen 'Amphibio WaveFlex 14': Vorspannung auf dem Innenski und zugleich Rocker-Technologie auf der Außenkante. Mit der RST Seitenwangen- Konstruktion ergibt das Top-Kantengriff bei allen Schneebedingungen, mehr Laufruhe, Stabilität und Verwindungssteifigkeit.
Ohne direkte Ski-Aufbiegung kommt Blizzard aus. Mit der neuen Flip Core-Technologie in der Free Mountain Linie wird der Holz-Skikern einfach umgekehrt in den Produktionsprozess eingefügt. Dadurch sorgt die untenliegende, konvexe Seite des Kerns für eine natürliche Biegung. Dieser natürliche Rocker-Shape macht eine gleichmäßige Druckverteilung auf den gesamten Ski möglich.
'Rocker 2' heißt Salomon SASs Newcomer Twin Rocker. Spitze und Ende sind aufgebogen, die Auflagefläche wird ebenso wie die Vorspannung reduziert und selbst im belasteten Zustand liegen nur 40 Prozent des Ski im Schnee auf. Das macht ihn drehfreudig, leicht zu steuern, vor-, rück- oder seitwärts, für Sprünge und Spins. Auftrieb ermöglichen neben der Rocker-Technologie zwei Features: An Skispitze und -ende ist der Kern nur aus einer extraleichten Wabe und die Kanten fehlen. Das reduziert das Gewicht um rund 400 Gramm und erhöht zusätzlich Drehfreudigkeit und Auftrieb: Dabei ist der 'Rocker 2' nicht nur der perfekte Freeride-Ski. Auf der Piste ist er spritzig und stabil, denn beim Aufkanten vergrößert sich die Kantenlänge deutlich. Von 40 Prozent Auflagefläche im flachen Zustand, verteilt sich der Druck in der Kurve auf 75 Prozent des Ski.
Fischer stattet sein extrem belastbares Ski-Highlight 'Watea 120' neben I-Beam Technologie und Sandwich Bauweise mit einer 'Freeski Rocker-Technologie' aus. Die spezielle Powder Hull Schaufelkonstruktion sorgt für guten Auftrieb und stabiles Cruisen.
K2 bringt für sportliche Fahrer, die supersteiles und hartes Terrain lieben, den Pistenski Charger aus der A.M.P. Serie. Sein Speed-Rocker verspricht bei jedem Turn Präzision und Genauigkeit, und die Hybritech Metall Laminat-Konstruktion für die Seitenwangen, gewährt auch im roten Bereich unerschütterlichen Halt.
"Rocker, wenn man ihn will und Stabilität, wenn man sie braucht," heißt es etwa bei Head zusätzlich zur Kers-Technologie (Kinetic Energy Recovery System): Bei maximaler Skidurchbiegung setzt der integrierte Kers-Mikrochip in den Fasern des Ski Energie frei. Der Effekt: merklich mehr Kantendruck, mehr Speed und weniger Kraftaufwand. Neu sind die Rocker in der Allmountain Freeride Serie 'Peak' und der Big Mountain Serie 'Motörhead'. Die breiteren Peak-Modelle liefern mit aufgebogenem Rundheck Big-Mountain-Performance, die Flow Ride Technologie sorgt auf harten Unterlagen für einfaches Handling, bessere Schwungeinleitung und hohe Agilität.
Das Know-how aus Weltcup und Freeski-Weltklasse nutzt etwa Atomic. Da die Fahreigenschaften nicht nur von Breite, Material und Konstruktion des Ski geprägt werden, sondern auch vom seitlichen Profil, bietet Atomic im All Mountain-Bereich zwei verschiedene Profile an: 'Active Camber' entspricht traditioneller Vorspannung, sorgt für Stabilität, Laufruhe und präzisen Kantengriff. Beim Profil 'Adaptive Rocker' sorgt ein Camber unter der Bindung für Stabilität und Kantengriff, während der Rocker (Aufbiegung) an der Skispitze den Auftrieb im weichen Schnee fördert.
Rossignols Temptation- (Damen) und Experience-Linie sind vielseitige All Mountain Ski mit Autoturn- und auch Rocker Technologie für jedes Gelände. Für mehr Grip sorgt ihr Fakir-Effekt: Durch die kürzere effektive Kante erhöht sich der Druck an dieser Stelle und die Kante greift noch stärker, der Halt auf hartem Schnee wird besser. Damit wird etwa das Lady-Modell Temptation 78 (78 mm-Tallierung) besser zu manövrieren, fehlerverzeihend und für jedes Gelände einsetzbar.
Kneissls neuer 'Rock Star' (Längen 179, 189, 191) erhält durch die Tip Rocker Technologie mehr Auftrieb und ist damit auch im tiefen Powder leicht und spielerisch zu fahren. Er mag harte Schneebedingungen, zerspurten Schnee, gibt sich ausgewogen und Backcountry-tauglich.
Highlight bei Dynastar ist 'Outland 80 Pro' aus der Outland-Serie für fortgeschrittene bis sportliche Skifahrer in nahezu jedem Gelände und jeglicher Schneebeschaffenheit. Der mit der Rocker All-Mountain-Technologie ausgestattete Ski weist eine progressive Anhebung der Schaufel auf, die im Schwung vollen Kanteneinsatz möglich macht. Mit einer Faser aus 100 Prozent Basalt erreicht er ein gutes Fahrverhalten. Der Kern aus Holz und Rohacell sorgt für Leichtigkeit und der Auftrieb wird bei allen Schneeverhältnissen durch den Rocker der Schaufel erleichtert.
Völkls Code Speedwall vereint beide Welten, Rennsport und Rocker. Aus dem Weltcup stammt die Speedwall-Technologie. Der sanfte Tip-Tail-Rocker ist ein Mix aus klassischer Camber-Vorspannung in der Mitte und Rocker-Aufbiegung im Bereich von Schaufel und Heck. Das Resultat: spielerisches Handling beim Gleiten mit leichter Schwungauslösung ohne Verkanten. Die ideale Paarung von Ski und Fahrer lässt sich bei den Code-Modellen über eine Matrix aus Körpergröße und Können entschlüsseln, den Color Code.
Der neue Nordica: All Terrain Freestyler 'Patron' eignet sich für fast jedes Gelände, jede Schneebedingung rund um Backcountry, Big lines und Jibbing. Neben Camrock-Technologie für Park&Pipe steckt auch eine Nordica-eigene Rocker-Bauart drin.
Die Freeride Linie von Scott deckt den gesamten Bereich von Big Mountain bis progressives Freeriden ab. Neu in diesem Segment ist der Ski 'Venture' mit Venturi Tip & Tail rocker-Technologie. Sie verringert effektiv den Druck auf den Ski im Tiefschnee. Gleichzeitig hebt die Rocker-Technologie die Schaufel über die Schneeoberfläche, so dass ein vielseitiger Ski entsteht, der sowohl im Tiefschnee und auch bei den unterschiedlichsten Bedingungen eine gute Performance liefert.
Kästle bringt mit seiner jungen BMX-Linie sechs Ski auf den Markt, die mit der Rocker-Technologie Early Rise Contact, mit Dual Radius Big Mountain Taillierung und Low Camber, leicht im Tiefschnee zu fahren sind. Im Ski stecken Double Hollowtech und leichte Holzkerne. Die Twin Tip-Enden wurden verstärkt, damit bei Sprüngen und Landung die nötige Steifigkeit vorhanden ist.
Im Skitourenbereich rockt Dynafit mit der neuen Baltero Linie. Der Tourenski für den breiten Einsatz, mit deutlich breiterer Geometrie 'Rocker Tip' Konstruktion und Holzkern, erlaubt nicht nur Profis unbeschwerte Abfahrten. Er ist selbst für Einsteiger leicht zu fahren, bietet aber auch ambitionierten Tourengehern Herausforderung.
Newcomer des nächsten Winters ...
... wird übrigens ein alter Bekannter der Skiindustrie: Erbacher. Das 1900 in Erbach bei Ulm gegründete Unternehmen startet 2011 mit kompletter Ski-Range und den Kategorien Race, Allmountain, Exclusive, Performance, Allround und Kids, dazu mit Fun-Snowblades und einem Snowboard inklusive Weltpatent, der Technologie e-flex®. Alle Ski fahren mit hochwertiger Sandwich-Konstruktion und Holzkern; wahlweise mit Erbacher-Bindungen aus der Produktion der Edelmarke Vist oder ohne Bindung.
Wie entwickeln sich die etablierten Ski?
Rückgänge erwartet der Race-Bereich, etwa bei reinen Slalom-Race-Ski. Schließlich bieten mittlerweile diejenigen Ski, die eine Stufe darunter positioniert sind, wie etwa sportliche Allrounder, ähnlich starke Eigenschaften wie Race-Carver. Sie lassen sich leichter fahren und brauchen weniger Konzentration, um Fahrfehler zu vermeiden. Immerhin steht auch hier fest, dass über 90 Prozent aller Skifahrer, die sportliche Allrounder fahren, selbst diese Skikategorie nicht voll ausfahren können.
Leicht zunehmen in Sachen Nachfrage werden die Bereiche High Performance, Freeski, Kinder und Touren. Während Allrounder und All Mountain Ski ohne Rocker stagnieren, werden Allrounder mit Rocker in den kommenden Wintern stark zulegen.